Kündigungsschutz, besonderer (Beispiel 3 und Beispiel 4)

Ausgangslage:

Im Juni 2024 wurde vom Klienten ein Antrag auf Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten beim Sozialministeriumservice gestellt. Mit 1.7.2024 nahm er eine Beschäftigung in einem Unternehmen auf.

Am 1.9.2024 bekam er den Bescheid vom Sozialministeriumservice. Im Bescheid war zu lesen, dass er dem Kreis der begünstigten Behinderten angehört.

Anliegen:

Wann beginnt in diesem Fall der besondere Kündigungsschutz? 

Informationsweitergabe:

Wenn der Antrag auf Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten behinderten Personen vor Beginn eines Dienstverhältnisses gestellt wird und die bescheidmäßige Feststellung der Begünstigteneigenschaft erst während des Dienstverhältnisses erfolgt, beginnt der besondere Kündigungsschutz nach Ablauf von 6 Monaten seit dem Dienstbeginn.
Dies ungeachtet des Umstandes, dass der Klienten durch die positive Erledigung seines Antrags auf Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten (mit Bescheid vom 1.9.2023) rückwirkend seit Antragsstellung (und damit vor Dienstbeginn) als begünstigt behindert gilt.

Quelle:

Widy/Auer-Mayer/Schrattbauer: Behinderteneinstellungsgesetz (Kommentar) § 8 Erl 38

 

Ausgangslage:

Klient:in wurde vom:von der Arbeitgeber:in gekündigt, letzter Arbeitstag ist am 30.11.2024. Vor Zugang/Ausspruch der Kündigung hat Klient:in bereits einen Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigt Behinderten (BEinstG) beim SMS gestellt. Eine Entscheidung (ein Bescheid) über diesen Antrag liegt aktuell noch nicht vor.

Anliegen:

Was ist in diesem Fall zu beachten, auch im Hinblick auf den besonderen Kündigungsschutz? 

Informationsweitergabe:

Variante 1: Klient:in erhält noch innerhalb der Kündigungsfrist = im aufrechten Dienstverhältnis (dh bis spätestens 30.11.2024) einen negativen Bescheid vom SMS. Das heißt: GdB weniger als 50%, daher keine Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigt behinderten Personen.

In diesem Fall endet das Beschäftigungsverhältnis durch Arbeitgeber:innen-Kündigung mit 30.11.2024.

Variante 2: Klient:in erhält noch innerhalb der Kündigungsfrist = im aufrechten Dienstverhältnis (dh bis spätestens 30.11.2024) einen positiven Bescheid vom SMS. Das heißt: GdB mindestens 50%, daher Zugehörigkeit zum Personenkreis begünstigt behindert.

Das Dienstverhältnis unterliegt dem besonderen Kündigungsschutz nach dem BEinstG. Eine Kündigung ohne Zustimmung des Behindertenausschusses beim SMS ist nicht rechtswirksam. Der:Die Arbeitgeber:in muss in diesem Fall die (nachträgliche) Zustimmung zur Kündigung beim Behindertenausschuss beantragen.

Kündigungen, bei denen Arbeitgeber:innen die nachträgliche Zustimmung beim Behindertenausschuss einholen, sind schwebend unwirksam. Das bedeutet: auch nach dem Kündigungstermin (dh im vorliegenden Fall nach dem 30.11.2024) besteht Arbeitspflicht und Entgeltanspruch. Erteilt der Behindertenausschuss keine nachträgliche Zustimmung zur Kündigung, so prüft dieser auch, ob eine Zustimmung zu einer künftigen Kündigung erteilt werden kann.

Mögliche Vorgehensweise:

  • Klient:in sollte nach Erhalt des SMS-Bescheides den:die Arbeitgeber:in davon informieren, dass bereits vor dem Zeitpunkt des Kündigungsausspruches eine Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigt behinderten Personen bestand.
  • Dann sollte der:die Arbeitgeber:in über die rechtlichen Folgen (insbesondere besonderer Kündigungsschutz nach BEinstG, Einholung der nachträglichen Zustimmung zur bereits ausgesprochenen Kündigung) informiert werden.
  • Falls der:die Arbeitgeber:in nicht die (nachträgliche) Zustimmung zur Kündigung beantragen wird, kann der:die gekündigte Arbeitnehmer:in relativ rasch eine Klage auf Feststellung des aufrechten Bestandes des Anstellungsverhältnisses beim Arbeits- und Sozialgericht einbringen. In diesem Fall sollte jedoch vorhin eine Rechtsberatung zB bei der AK eingeholt werden. Im Gerichtsverfahren sollte der:die Arbeitnehmerin rechtlich vertreten sein.

Variante 3: Klient:in erhält nach dem Kündigungstermin (= 30.11.2024), dh nach Beendigung des Dienstverhältnisses einen positiven Bescheid vom SMS. GdB mindestens 50%, daher Zugehörigkeit zum Personenkreis begünstigt behindert.

Was ist zu beachten - Hier kommen auch die Ausführungen zur Variante 2 zur Anwendung.

Siehe auch Fallbespiel: Kündigungsschutz - Nachträgliche Zustimmung (oeziv.org)

Stand: 18.10.2024