Kündigungsschutz (BEinstG) - Nachträgliche Zustimmung

Ausgangslage:

Klient:in beantragte am 20.4.2024 die Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigt Behinderten beim Sozialministeriumservice.

Am 28.4.2024 erhielt Klient:in ein Kündigungsschreiben, in dem das Dienstverhältnis zum 31.5.2024 aus wirtschaftlichen Gründen beendet wird.

Mit Bescheid vom 15.6.2024 entschied das Sozialministeriumservice, dass ab 20.4.2024 die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigt Behinderten besteht. 

Anliegen:

Unterliegt das Dienstverhältnis dem besonderen Kündigungsschutz? Wenn ja, wie ist vorzugehen? 

Informationsweitergabe:

Da der Kündigungsausspruch (am 28.4.2024) zeitlich nach der Zuerkennung der Begünstigteneigenschaft nach dem BEinstG (mit 20.4.2024) erfolgt ist, unterliegt das vorliegende Dienstverhältnis dem besonderen Kündigungsschutz.

Eine Kündigung ohne Zustimmung des Behindertenausschusses ist nicht rechtswirksam. Der:Die Dienstgeber:in muss nun die Zustimmung zur Kündigung beim Behindertenausschuss beantragen.

Der:Die gekündigte Dienstnehmer:in hat in diesem Fall auch die Möglichkeit beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht eine Klage auf Feststellung des aufrechten Bestandes des Arbeitsverhältnisses einzubringen.

Zur nachträglichen Zustimmung zur Kündigung:

Kündigungen, bei denen der:die Dienstgeber:in die nachträgliche Zustimmung beim Behindertenausschuss einholt, sind schwebend unwirksam. Das bedeutet: auch nach dem Kündigungstermin (dh im vorliegenden Fall nach dem 31.5.2024) besteht Arbeitspflicht und Entgeltanspruch.

Die nachträgliche Zustimmung wird jedoch nur in besonderen Ausnahmefällen erteilt. Erteilt der Behindertenausschuss keine nachträgliche Zustimmung zur Kündigung, so prüft dieser auch, ob eine Zustimmung zu einer künftigen Kündigung erteilt werden kann.

Empfohlene Vorgehensweise:

Das Gespräch mit dem:der Dienstgeber:in suchen und davon informieren, dass bereits vor dem Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs (dies war der 28.4.2024) eine Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigt behinderten Personen bestand. Dann sollte der:die Dienstgeber:in über die rechtlichen Folgen (wie besonderer Kündigungsschutz —- Einholung der nachträglichen Zustimmung…) informiert werden.

Falls der:die Dienstgeber:in nicht die (nachträgliche) Zustimmung zur Kündigung beantragen wird, sollte der:die gekündigte Dienstnehmer:in relativ rasch eine Klage auf Feststellung des aufrechten Bestandes des Dienstverhältnisses beim Arbeits- und Sozialgericht einbringen.

Falls der:die Dienstgeber:in die (nachträgliche) Zustimmung zur Kündigung beantragen wird, ist die bereits ausgesprochene Kündigung bis zur Entscheidung des Behindertenausschusses schwebend unwirksam. ACHTUNG! Es kann sein, dass der Behindertenausschuss zwar nicht die Zustimmung zur bereits ausgesprochenen Kündigung, dafür aber zu einer künftigen Kündigung erteilt.

Alternative zur beabsichtigten Kündigung eines:einer Dienstnehmer:in aufgrund der derzeitigen wirtschaftlichen Situation des Betriebes:

Bei Gefährdung des Arbeitsplatzes kann das Sozialministeriumservice eine sog. Arbeitsplatzsicherungsbeihilfe gewähren. Diese Förderung kann sowohl für begünstigt behinderte als auch für begünstigbar behinderte Personen (dh Personen mit Behindertenpass) gewährt werden.

Quelle:
  • Widy/Auer-Mayer/Schrattbauer: Behinderteneinstellungsgesetz, Kommentar (ÖGBVerlag)

Stand: 28.11.2024