Behindertenpass-Zusatzeintragungen
Zusatzeintragungen im Behindertenpass sind beim Sozialministeriumservice zu beantragen.
Seit 1.1.2014: Im Rahmen der Änderungen der Rechtslage zum Parkausweis gemäß § 29b StVO wurden auch die Zusatzeintragungen im Behindertenpass geändert.
Gesetzliche Grundlagen
- Bundesbehindertengesetz (BBG), §§ 42, 47
- Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und Parkausweisen (kurz: VO Ausstellung von Behindertenpässen und Parkausweisen), BGBl II 495/2013 (zuletzt geändert durch BGBl II 263/2016). TIPP! In dieser Verordnung finden sich die neuen Zusatzeintragungen samt Erklärungen, wann diese Eintragungen vorzunehmen sind.
Mögliche Zusatzeintragungen
siehe: VO Ausstellung von Behindertenpässen und Parkausweisen, BGBl II 495/2013 (idF BGBl II 263/2016) - § 1 Abs 4.
Die angeführten Eintragungen sind auf der Behindertenpass-Rückseite (Scheckkartenformat) in Form von Piktogrammen oder in Form von Schriftzügen vorzunehmen. Siehe Informationsblatt des SMS "Behindertenpass und Zusatzeintragungen" auf www.sozialministeriumservice.at
Zusatzeintragungen OHNE Piktogramm:
der/die Inhaber:in des Passes ist...
*) Träger:in eines Cochlear-Implantates
*) Träger:in von Osteosynthesematerial (= knochenverbindendes Material, das im Körper getragen wird zB Nägel, Schrauben, Platten) - Nachweis: ärztliche Befunde
*) Träger:in einer Orthese (= industriell oder handwerklich hergestelltes medizinisches Hilfsmittel zur Stabilisierung, Entlastung, Ruhigstellung, Führung oder Korrektur von Gliedmaßen oder des Rumpfes) - Nachweis: ärztliche Befunde
*) Träger:in einer Prothese - Nachweis: ärztliche Befunde
*) ist Epileptiker:in - Voraussetzung: mindestens 50% GdB allein für die die Epilepsie verursachende(n) Gesundheitsschädigung(en)
Zusatzeintragungen MIT Piktogramm
der/die Inhaber:in des Passes ...
*) ist überwiegend auf den Gebrauch eines Rollstuhles angewiesen - Voraussetzung: Mindesteinstufung nach Pflegegeld Stufe 3-5 vom ärztlichen Dienst des SMS festgestellt; bei Kindern und Jugendlichen erst ab vollendetem 36. Lebensmonat möglich
*) ist blind - Voraussetzung: Mindesteinstufung Pflegegeldstufe 4 aufgrund Blindheit vom ärztlichen Dienst des SMS festgestellt
*) ist hochgradig sehbehindert - Voraussetzung: Mindesteinstufung Pflegegeldstufe 3 aufgrund der hochgradigen Sehbehinderung vom ärztlichen Dienst des SMS festgestellt
*) ist gehörlos - Voraussetzung:mindestens 80% GdB entsprechend der Positionsnummer 12.02.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung oder mindestens 70% GdB aufgrund der Position 643 nach der Richtsatzverordnung
*) ist schwer hörbehindert - Voraussetzung: mindestens 50% GdB allein für die Hörbehinderung (Grundlage der Positionsnummer 12.02.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung oder der Posititon 643 nach der Richtsatzverordnung)
*) ist taubblind - Voraussetzung: Mindesteinstufung Pflegegeldstufe 5 aufgrund Taubblindheit vom ärztlichen Dienst des SMS festgestellt
*) bedarf einer Begleitperson
Voraussetzungen:
- überwiegend auf den Gebrauch eines Rollstuhls angewiesen
- blind/hochgradig sehbehindert/taubblind
- bewegungseingeschränkte Menschen ab dem vollendeten 6. Lebensjahr, die zur Fortbewegung im öffentlichen Raum ständig Hilfe einer 2. Person brauchen
- Kinder ab dem vollendeten 6. Lebensjahr und Jugendliche mit deutlicher Entwicklungsverzögerung und/oder ausgeprägter Verhaltensveränderung
- Menschen ab dem vollendeten 6. Lebensjahr mit kognitiven Einschränkungen, die im öffentlichen Raum zur Orientierung und Vermeidung von Eigengefährung ständig Hilfe einer 2. Person brauchen
- schwerst behinderte Kinder ab Geburt bis zum vollendeten 6. Lebensjahr, die dauernd überwacht werden müssen (zB Aspirationsgefahr)
Mögliche Vergünstigungen:
- Bereich ÖBB-Schiene: unentgeltliche Beförderung der Begleitperson, bei Vermerk "Begleitperson erforderlich" im Behindertenpass. Barrierefreies Reisen - ÖBB (oebb.at)
- Bei einigen Museen, Bäder etc. ermäßigter Eintritt oder Gratiseintritt für die Begleitperson möglich. Im Einzelfall nachfragen!
- Bei manchen Ärzt:innen darf die Person mit Behinderung zur Untersuchung begleitet werden. Im Einzelfall nachfragen!
- Bereich ÖBB-Postbusse: Unentgeltliche Beförderung der Begleitperson in ganz Österreich mit dem Behindertenpass samt Zusatzeintrag "Begleitperson erforderlich"
*) kann die Fahrpreisermäßigung nach dem Bundesbehindertengesetz (BBG) in Anspruch nehmen - für folgende Personengruppen:
- Bezieher:in einer erhöhten Familienbeihilfe mit einem GdB von mindestens 70% oder bei Feststellung von dauernder Selbsterhaltungsunfähigkeit - wird vom ärztlichen Dienst des SMS festgestellt.
- Bezieher:in von Pflegegeld oder anderen pflegebezogenen Leistungen
- Bezieher:in von Versehrtenrenten (zB seitens der AUVA) mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 70%
- Bezieher:in wiederkehrender Geldleistungen nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz, Opferfürsorgegesetz, Heeresversorgungsgesetz, Impfschadengesetz, Verbrechensopfergesetz und Personen, denen solche Geldleistungen umgewandelt wurden, jeweils mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 70%
- Begünstigte behinderte Personen nach dem BEinstG ab einem GdB von 70%
*) benötigt einen geprüften Assistenzhund(Blindenführ-, Service- oder Signalhund) - Voraussetzungen: Vorlage Prüfungszeugnis von SMS Begutachtungsstelle
ÖBB: Assistenzhund reist bei entsprechendem Vermerk im Behindertenpass gratis mit. Barrierefreies Reisen - ÖBB (oebb.at)
*) Gesundheitsschädigung...
- gem. § 2 Abs 1 erster Teilstrich VO 303/1996: liegt vor Krankendiätverpflegung bei Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöllikakie und Aids
- gem. § 2 Abs 1 zweiter Teilstrich VO 303/1996: liegt vor - Krankendiätverpflegung bei Gallen-, Leber- und Nierenkrankheiten
- gem. § 2 Abs 1 dritter Teilstrich VO 303/1996: liegt vor - Krankendiätverpflegung bei Magenkrankheiten und anderen inneren Erkrankungen
*) seit 1.1.2014! Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen DAUERNDER MOBILITÄTSEINSCHRÄNKUNG AUFGRUND EINER BEHINDERUNG
ACHTUNG! Die in einem gültigen Behindertenpass enhaltene Eintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung oder Blindheit" ist der Eintrag "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" gleichzuhalten!
Voraussetzungen (siehe VO Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl II 495/2013, idF BGBl II 263/2016 - § 1 Abs 4 Z 3): Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn nach Vollendung des 36. Lebensmonats folgende Einschränkungen/Erkrankungen vorliegen:
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- erhebliche Einschränkungen der psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
- schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit
In den Erläuternden Bemerkungen zur Verordnung Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (BGBl II 495/2013) gibt es Beispiele zu besonders häufigen typischen Fällen - eine Auswahl:
- Erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten sind: eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen; Beinverkürzung von mindestens 8cm
- Beispiele für erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit wegen cardiopulmunaler Funktionseinschränkungen: Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen, COPD IV mit Lanzeitsauerstofftherapie, mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
- Beispiele für erhebliche Einschränkungen der psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen: Klaustrophobie, Soziophobie, hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten
- Beispiele für schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems wegen signifikakter Infektanfälligkeit: anlagebedingte schwere Erkrankungen des Immunsystems (SCID), schwere hämatologische Erkrankungen mit dauerhaftem hochgradigem Immundefizit
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar,
- wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, auch unter Verwendung der zweckmäßigsten Behelfe (z.B. Stützkrücken, Stöcke), ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder
- wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert oder
- wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt.
Betreffend „kurze Wegstrecke“ geht der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 bis 400m aus. Vgl ua VwGH 27.5.2014, Ro 2014/11/0013 RIS - Ro 2014/11/0013 - Entscheidungstext - Verwaltungsgerichtshof (VwGH) (bka.gv.at).
Siehe dazu aber auch eine Entscheidung vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vom 21.12.2016 (GZ: W200 2139893-1), RIS - W200 2139893-1 - Entscheidungstext - Bundesverwaltungsgericht (BVwG) (bka.gv.at) Hier wurde eine Wegstrecke von 200 – 300m angegeben. Aus dieser Entscheidung folgende Stellen:
- „[…] Ausgehend von den bisherigen durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Beurteilungskriterien zur Frage "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" sind Funktionseinschränkungen relevant, die die selbstständige Fortbewegung im öffentlichen Raum sowie den sicheren, gefährdungsfreien Transport im öffentlichen Verkehrsmittel erheblich einschränken. Als Aktionsradius ist eine Gehstrecke von rund 10 Minuten, entsprechend einer Entfernung von rund 200 bis 300 m anzunehmen.“
- "Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt. (VwGH 22.10.2002, Zl.2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080)"
Hinweis: Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bei Inkontinenz, da die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte ausreichend sicher sind und Verunreinigungen der Person durch Stuhl oder Harn vorbeugen. Nur bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar.
Vgl dazu aber Erkenntnis VwGH 2016/11/0018: Entscheidungstext RIS - Ra 2016/11/0018 - Entscheidungstext - Verwaltungsgerichtshof (VwGH) (bka.gv.at) - Rechtssatz:
"Leidet die Revisionswerberin an einer Durchfallerkrankung "mit häufigem und imperativem Stuhlgang" (nach ihren unwidersprochenen Angaben mindestens 20mal pro Tag und mit Flatulenzen verbunden) und sind die Zeitpunkte des Stuhlganges für sie in der Regel weder vorhersehbar noch beeinflussbar, ist es geradezu offenkundig und bedarf keiner weiteren Erörterung, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bei diesem Krankheitsbild unzumutbar ist. Daran ändern - angesichts der gegenständlich schweren Ausprägung der Erkrankung - die im Handel erhältlichen, vom VwG angesprochenen Inkontinenzprodukte (saugfähige Einmalhosen) nichts."
Quellen
- Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl II 495/2013, idF BGBlII 263/2016
- Sozialministeriumservice: Informationsmaterial zu Behindertenpass und Zusatzeintragungen www.sozialministeriumservice.at
- VwGH 2016/11/0018: RIS - Ra 2016/11/0018 - Entscheidungstext - Verwaltungsgerichtshof (VwGH) (bka.gv.at)
- RIS - Ro 2014/11/0013 - Entscheidungstext - Verwaltungsgerichtshof (VwGH) (bka.gv.at)
- RIS - W200 2139893-1 - Entscheidungstext - Bundesverwaltungsgericht (BVwG) (bka.gv.at)
Stand: 31.5.2024