Familienhospizkarenz
Gesetzliche Bestimmungen
- Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG), §§ 14a und 14b
Was ist Familienhospizkarenz?
Arbeitnehmer:innen können für die Sterbebegleitung eines nahen Angehörigen oder die Pflege eines schwersterkrankten Kindes {Achtung! mit 1.11.2023 enfällt die Voraussetzung "gemeinsamer Haushalt" } (1.) eine Herabsetzung der Normalarbeitszeit, (2.) eine Änderung der Lage der Normalarbeitszeit oder (3.) eine Freistellung von der Arbeitsleistung gegen Entfall des Arbeitsentgelts in Anspruch nehmen.
ACHTUNG! Auch Lehrlinge und geringfügig Beschäftigte können Familienhospiz in Anspruch nehmen, nicht jedoch Selbständige oder freie Dienstnehmer.
Personenkreis
(a) Sterbebegleitung: § 14a AVRAG
- Ehepartner:innen, eingetragene Partner*innen oder Lebensgefährt:innen
- Eltern, Großeltern, Adoptiv-, Wahl- und Pflegeeltern
- Kinder, Enkelkinder, Adoptiv-, Wahl- und Pflegekinder
- Geschwister
- Schwiegereltern, Schwiegerkinder
- leibliche Kinder des anderen Ehegatten oder Lebensgefährten
Die Familienhospizkarenz wird auch mehreren Angehörigen gleichzeitig ermöglicht.
(b) Begleitung schwersterkrankter Kinder: § 14b AVRAG
- Kinder, Adoptivkinder
- Wahl- und Pflegekinder
- leibliche Kinder des anderen Ehegatten/Lebensgefährten
Vorteile der Familienhospizkarenz
In der Zeit der Familienhospizkarenz
- ist der/die Arbeitnehmer:in kranken- und pensionsversichert
- genießt der/die Arbeitnehmer:in ab dem Einlangen der schriftlichen Meldung der beabsichtigten Inanspruchnahme der Familienhospizkarenz beim Arbeitgeber sowie bis 4 Wochen nach Beendigung der Karenz einen besonderen Kündigungs- und Entlassungsschutz. Nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Arbeits- und Sozialgerichts kann während dieser Zeit eine wirksame Kündigung ausgesprochen werden.
- hat der/die Arbeitnehmer:in anteiligen Urlaubsanspruch
- Beiträge zur "Abfertigung neu" werden aus dem Familienlastenausgleich bezahlt
Wie lange kann die Familienhospizkarenz in Anspruch genommen werden?
- zur Sterbebegleitung: zunächst für höchstens 3 Monate; Verlängerungsmöglichkeit um weitere 3 Monate, daher insgesamt 6 Monate
- zur Begleitung schwersterkrankter Kinder: zunächst für höchstens 5 Monate; Verlängerungsmöglichkeit auf bis zu 9 Monate
Inanspruchnahme der Familienhospizkarenz - Vorgehensweise
- Spätestens 5 Tage vor dem beabsichtigten Antritt hat der/die Arbeitnehmer:in den Arbeitgeber schriftlich zu informieren
- Schriftliche Mitteilung hat folgendes zu enthalten: Grund für die Karenz; Nachweis des Verwandtschaftsverhältnisses; Beginn und voraussichtliches Ende der Karenz; Voll- (gänzlicher Entfall des Entgelts) oder Teilkarenz (Arbeitszeitreduktion)
- Der /Die Arbeitnehmer:in hat die Verlängerung der Familienhospizkarenz spätestens 10 Tage vor der beabsichtigten Verlängerung schriftlich mit Angabe des Grundes dem Arbeitgeber zu melden
NEU mit 1.11.2023: Sollte es wegen einer Pflegefreistellung zu einer Kündigung kommen, kann diese bei Gericht angefochten werden, sogenannter Motivkündigungsschutz.
Was passiert, wenn keine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zustande kommt?
- Ist der Arbeitgeber nicht einverstanden, muss er innerhalb von 5 Arbeitstagen ab Zugang der schriftlichen Bekanntgabe / bei einer Verlängerung binnen 10 Arbeitstagen Klage beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht einbringen.
- Das Gericht entscheidet unter Berücksichtigung der betrieblichen Erfordernisse und der Interessen des Arbeitgebers.
- Bis zur Entscheidung des Gerichts kann Karenz in Anspruch genommen werden. Ausnahme: Antritt wird mittels einstweiliger Verfügung des Gerichts untersagt.
Vorzeitige Rückkehr
- Fällt der Anlass für die Familienhospizkarenz weg, kann der/die Arbeitnehmer:in auf eine vorzeitige Rückkehr zur ursprünglichen Normalarbeitszeit nach 2 Wochen bestehen.
- Fällt der Anlass für die Familienhospizkarenz weg, kann der Arbeitgeber die vorzeitige Rückkehr verlangen, sofern nicht berechtigte Interessen des/der Arbeitnehmer:in entgegenstehen.
Weitere Familienhospizkarenzregelungen
Familienhospizkarenz für arbeitslose Personen: Arbeitslose Personen können sich zum Zweck der Begleitung eines sterbenden nahen Angehörigen oder zur Pflege eines im gemeinsamen Haushalt lebenden, schwersterkrankten Kindes gegen Entfall des Arbeitslosengeldes oder der Notstandshilfe karenzieren lassen. [§ 32 Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG)].
Für die Dauer der Familienhospizkarenz ist die arbeitslose Person weiterhin kranken- und pensionsversichert.
Familienhospizkarenz für Beamte: vgl. § 78d Beamtendienstrechtsgesetz, § 29k Vertragsbedienstetengesetz, § 59d Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz sowie § 66d land- und forstwirtschaftliches Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz.
Für Bedienstete der Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände ist ein Karenzierungsrecht aus den Dienstrechten der einzelnen Bundesländer ableitbar.
TIPP! Mehr Infos siehe zB: Familienhospizkarenz | Arbeiterkammer
Stand: 20.11.2023