Behindertengleichstellungsrecht
Schutz vor Diskriminierung aufgrund einer Behinderung im Alltag und in der Arbeitswelt
Seit 1.1.2006 ist in Österreich das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG) in Kraft.
Ziel ist, die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen oder zu verhindern und damit die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen (§ 1 BGStG).
Behinderung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden (dh mehr als voraussichtlich 6 Monate) körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktion, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren (§ 3 BGStG).
Die Bestimmungen zum Schutz vor Diskriminierung in der Arbeitswelt finden sich im Behinderteneinstellungsgesetz (§ 7a ff). Vom Diskriminierungsverbot von Menschen mit Behinderungen in der Arbeitswelt umfasst sind: das Arbeitsrecht, das Dienstrecht des Bundes und die übrige Arbeitswelt. Wo das Diskriminierungsverbot im Bereich der Arbeitswelt gilt – Aufzählung in § 7b BEinstG:
- bei Begründung des Dienstverhältnisses (Bewerbung, Einstellung)
- bei Festsetzung des Entgelts
- bei Gewährung freiwilliger Sozialleistungen,
- bei Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung sowie Umschulung,
- beim beruflichen Aufstieg,
- bei sonstigen Arbeitsbedingungen,
- bei Beendigung des Dienstverhältnisses,
- bei Berufsberatung, Berufsausbildung, beruflichen Weiterbildung und Umschulung außerhalb eines Dienstverhältnisses,
- bei der Mitgliedschaft und Mitwirkung in einer Arbeitnehmer- oder Arbeitgeberorganisation oder einer Organisation, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören, einschließlich der Inanspruchnahme der Leistungen solcher Organisationen,
- bei den Bedingungen für den Zugang zu selbstständiger Erwerbstätigkeit.
Schlichtungsverfahren
Werden Menschen mit Behinderungen oder Personen aufgrund ihres Naheverhältnisses zu einer Person wegen deren Behinderung im Alltag oder im Arbeitsleben diskriminiert, dann gibt es folgende Möglichkeiten:
- Zuerst ist von der betroffenen Person ein kostenloses Schlichtungsverfahren beim Sozialministeriumservice einzuleiten. Weitere Informationen dazu auf www.sozialministeriumservice.at
- Im Schlichtungsverfahren können die Beteiligten individuelle Lösungen zur Einigung finden.
- Kommt es im Schlichtungsverfahren zu keiner Einigung, kann die von einer Diskriminierung betroffene Person eine Klage auf Schadenersatz (KEIN Unterlassungs-/Beseitigungsanspruch) bei Gericht einbringen. Im Gerichtsverfahren muss die beklagte Partei beweisen, dass keine Diskriminierung aufgrund einer Behinderung vorliegt. ACHTUNG! Im Gerichtsverfahren können Kosten entstehen, die von den Beteiligten (je nach Ausgang des Verfahrens) zu übernehmen sind.
Ab 1.1.2016 ist Barrierefreiheit uneingeschränkt Pflicht!
Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung und andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderung in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind (§ 6 Abs 3 BGStG).
Die Bestimmungen im BGStG gelten insbesondere für Unternehmen, die Waren, Dienstleistungen oder Informationen der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Beispiele: Autokauf, Kinobesuch, Informationsbroschüren.
Wie bisher sind die Bestimmungen zur Barrierefreiheit für neu errichtete Gebäude anzuwenden und öffentliche Verkehrsmittel (wie zB U-Bahnen, Straßenbahnen) müssen barrierefrei sein.
Ende der Übergangsfristen zur Herstellung von Barrierefreiheit! Gebäude, die aufgrund einer vor dem 1.1.2006 erteilten Baubewilligung errichtet wurden dürfen ab 1.1.2016 auch keine baulichen Barrieren mehr aufweisen. Unter bauliche Barrieren ist alles zu verstehen, was mit einem Bauwerk fest verbunden ist (zB Stufen, zu schmale Türstöcke). Vor dem 1.1.2006 bestehende Verkehrsanlagen (zB Bahnhof, Flughafen) und Verkehrseinrichtungen (zB Schranken, Leitplanken, Absperrungen) in der Kompetenz des Bundes dürfen ab 1.1.2016 keine Barrieren im Verkehrsbereich mehr aufweisen.
TIPPS!
- Unterstützung zum Thema Barrierefreiheit für Unternehmen bietet der von ÖZIV ACCESS gemeinsam mit der WKO entwickelte Barriere-Check auf www.barriere-check.at
- Hofer/Iser/Miller-Fahringer/Rubisch/Willi: Behindertengleichstellungsrecht, Kommentar (2. Auflage - NWV Verlag 2016)
Nationaler Aktionsplan Behinderung 2012-2020
Der NAP Behinderung wurde im Jahr 2012 beschlossen und stellt die langfristige Strategie des Bundes zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention dar. Dieser Aktionsplant wurde wurde in das aktuelle Regierungsprogramm (2013-2018) aufgenommen und enthält 250 Maßnahmen (aufgeteilt auf acht Schwerpunkte), die bis 2020 umzusetzen sind. Mehr dazu auf www.sozialministerium.at
Stand: 14.6.2016